Minimalismus mit Familie: Tipps und ehrliche Kritik

Minimalismus mit Familie

Am Ende des Minimalismus - kommt da noch was?!

Was Minimalismus nicht ist

Minimalismus ist meiner Meinung nach ein ziemlich falsch verstandener Freund.

In einer Gesellschaft, die auf der Suche nach einem Sinn; einer Lebensaufgabe ist, können Ideologien uns eine Zeit lang ganz wunderbar Halt und Richtung geben.

Ein konkretes Lebensziel mit massenhaft inspirierender Literatur, messbaren Erfolgen und großer Fan-Gemeinde. Klingt doch prima!

Aber was passiert eigentlich, wenn wir unsere Leben komplett ausgemistet haben? Wenn alles – aber auch wirklich alles – in unserem Haushalt seinen Platz hat. Wenn wir ein nachhaltiges System zur Ordnung kultiviert haben, keinen neuen Ballast mehr anschleppen und plötzlich so viel mehr Zeit und Energie haben?!

Sind wir dann maximal glücklich – oder fühlen wir uns am Ende doch eher so minimal?!

Der Sinn des Lebens

2014 las ich das in Amerika extrem populäre Buch „The Life-Changing Magic of Tidying Up“ von Marie Kondo.

Mit zwei kleinen Kindern und überschaubarem Wohnraum mitten in der Großstadt war ich auf der Suche nach eben genau dieser Einfachheit und Struktur, die heute den Minimalismus so beliebt macht.

Ein Jahr und einen Umzug später, berichtete ich dann auch zum ersten Mal auf meinem Blog über den Minimalismus und darüber, was er positives mit unserem Leben macht.

Auf dem Höhepunkt meiner Begeisterung fürs Thema angekommen, konnte ich gar nicht genug vom Weniger bekommen.

Zu verlockend war die Vorstellung einer ästhetisch minimalistischen Wohnung; davon, nie mehr im Chaos zu versinken und endlich wieder richtig Zeit fürs echte Leben zu haben.

Die richtigen Dinge aus den falschen Gründen tun

Kurz nachdem dann 2015 mein Beitrag zum Thema Minimalismus online ging, erhielt ich die erste Anfrage einer Elternzeitschrift. Ob ich als „Expertin“ nicht eine Doppelseite über Minimalismus mit Kindern schreiben wolle.

Ich fühlte mich sehr geschmeichelt und machte mich gedanklich an einen ersten Entwurf meiner „Ode an den Minimalismus“. Doch relativ schnell merkte ich, dass meine Gedanken zum Thema einfach nicht rund waren.

Ich fühlte mich als würde ich jemandem etwas andrehen wollen. Wie ein überambitionierter Marktschreier.

Ich konnte zwar problemlos diverse Tipps und Tricks für ein ordentlicheres Zuhause und weniger Zeug aus dem Ärmel schütteln. Aber immer wieder fragte ich mich, ob andere Menschen vielleicht gar nicht so leben möchten. Ob es wirklich für jedes Familienmodell einen spürbaren Unterschied bringt?

Ich stellte mir die Frage: Was kommt eigentlich nach dem Minimalismus? Was passiert, wenn es einfach nichts mehr gibt, das vereinfacht werden kann? Und vor allem – was ist dann überhaupt gewonnen?

Albert Einstein soll gesagt haben:

„Wenn du es einem sechsjährigen Kind nicht erklären kannst, dann hast du es selbst nicht verstanden.“

Irgendwann fragte ich mich, ob der Minimalismus vielleicht wieder nur so ein Trend ist.

Wie die Backstreet Boys, Kaffee Padmaschinen, Kupferdeko? Macht alles Sinn, wenn man euphorisch mittendrin steckt. Aber so von außen betrachtet? Man wundert sich.

Kurz, ich habe besagten Artikel nicht geschrieben. Und ich fing an, meinen eigenen Minimalismus gehörig auf den Prüfstand zu stellen.

Mir wurde bewusst wie oberflächlich ich das Ganze betrachtet hatte. Wie sehr ich mich von den schönen Bildern hatte leiten lassen. So sehr, dass ich irgendwann vergessen hatte nach dem Grund meines Handelns zu fragen.

Ich habe lange gebraucht, um das Wort „Minimalismus“ überhaupt wieder ohne Augenrollen lesen zu können. Noch länger hat es aber gedauert, bis ich mich selbst wieder konstruktiv damit auseinandersetzen konnte.

Nennen wir das Kind beim Namen

Als ich 2017 zum dritten Mal schwanger wurde, fragte ich mich wieder, ob Eltern wirklich so viel brauchen, wie uns das Internet glauben machen möchten? 

Und ich fragte mich, wo das ganze Zeug dann letztlich wieder landen würde.

Rückblickend haben wir auch beim dritten Kind viel zu viel Zeug gehabt. Dinge, die zwar hübsch aussahen aber am Ende des Tages nur wenig bis kaum genutzt wurden.

Zu viele Trends und Fehlkäufe habe ich seit der Geburt unserer Kinder hinter mir. Ich fing langsam aber sicher wieder an die Prinzipien des Minimalismus auf meine Entscheidungen anzuwenden.

  • Brauchen wir das wirklich?
  • Wie lange werden wir es wirklich benutzen?
  • Wo haben wir Platz dafür?
  • Was muss dafür gehen?

Vier einfache, recht emotionslose Fragen. So fing ich an den Minimalismus als das zu verstehen, was er wirklich ist:

Minimalismus ist kein Lebensinhalt, Wohntrend oder Lifestyle.
Minimalismus ist im Kern ein Werkzeug. Eine mentale Checkliste, die wir immer dann hervorholen können, wenn wir vor einer zu großen Auswahl an Dingen oder Möglichkeiten stehen.

Die ersten Quellen zum Minimalismus, und einem möglichst einfachen Lebensstil, finden sich übrigens in religiösen Bewegungen. Waren also nie als Selbstzweck gedacht, sondern immer Teil eines großen Ganzen. Ein Hilfsmittel, um das was wirklich wichtig ist nicht aus den Augen zu verlieren.

Für mich ist der Minimalismus inzwischen ein treuer Freund. Mein Leitfaden bei der Frage, wie ich meine Ressourcen sinnvoll nutze kann. Der Minimalismus hilft mir, die versteckten Kosten der Dinge zu sehen und langfristig gute Entscheidungen zu treffen.

Werkzeuge arbeiten bekanntlich für uns; wir bestimmen den Rahmen. Gerade mit Kindern hilft diese gedankliche Richtung mehr Gnade walten zu lassen.

Minimalismus mit Familie

Als Eltern sind wir mit unserem Handeln immer unmittelbare Vorbilder für unsere Kinder. Was wir lieben und leben prägt sie, positiv wie negativ.

Nur weil ich mit dem Minimalismus Strukturen und Ordnung in meinem Leben schaffen, ist unser Familienleben kein hübsches Abziehbild einer Pinterest-Vision.

Kinder zu haben, lebendige Beziehungen zu führen. All das ist oft anstrengend und eben auch ein bisschen chaotisch und unvorhersehbar.

Ich für meinen Teil kann versuchen meine Aufgabenbereiche zu vereinfachen. Um die Zeit, die ich dadurch gewinne für das zu nutzen, was mir wirklich wichtig ist. Nichts mehr und nichts weniger.

Am Ende des Minimalismus bleibt damit hoffentlich ganz viel Raum für Ausnahmen, für Spaß und ja auch für ein volles, buntes Familienleben.

Für gemeinsame Ziele, die weitaus größer sind als die Dinge, die wir in unserer Leben lassen oder eben auch nicht.

Denn liebe ich meine Familie? Oh ja!
Brauchen ich sie? Absolut!

Im Archiv findest du noch mehr Beiträge rund um ein einfach gutes Familienleben und Minimalismus mit Familie.


Randnotiz: Artikel wie dieser liegen klar ausserhalb meiner Komfortzone. Denn oft können sie den Eindruck erwecken, als hätte der Autor die Weisheit mit Löffeln gefressen. Dem ist nicht so. Mein Blog – meine Reise. Eine Momentaufnahme, eine Einladung. Nicht mehr und nicht weniger. 

Ich versuche solche Themen erst dann in Angriff zu nehmen, wenn sie zumindest für mich Sinn machen. Trotzdem lerne ich jeden Tag dazu und stehe ich ins Sachen Familie und einfaches Leben noch ziemlich am Anfang meiner Reise.

Kategorien Minimalismus Ordnung

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Du bist auf der Suche nach Inspirationen, die den Alltag als Familie einfacher und schöner machen? Dann bist du hier genau richtig! Auf meinem Blog findest du einfache Ideen, wie ihr gemeinsam wertvolle Familienzeit gestalten könnt. Undogmatisch, einfach & gut!